
Das Ziel der grenzüberschreitenden Konferenz war die Erarbeitung neuer Möglichkeiten bzw. Lösungen in der Jugendarbeit. Besonders Jugendliche im Übergang in das jugendliche Erwachsenenalter brauchen wirksame Begleitung und Unterstützung. In der Praxis ist dies oft unzureichend oder gar nicht der Fall.
Jungen Menschen aus Einrichtungen der Jugendhilfe fehlt oft das Zurückgreifen auf eine Familie oder ein soziales Netzwerk. Studien zeigen eine hohe Anzahl von Arbeitslosigkeit oder gar Obdachlosigkeit von jungen Menschen, die längere Zeit in einer Jugend-Pflegeeinrichtung verbracht haben. Eine der Ursachen liegt im Übergang von Jugend- in das Erwachsenenalter. Für viele gefährdete Jugendliche ist die „Lücke“ zwischen Betreuung und Unabhängigkeit einfach zu groß.
In der Konferenz sollten durch den Austausch von Erfahrungen neue Ansätze gefunden und in weiterer Folge neue Lösungen in der „Nachsorge“ erarbeitet werden. Um Empfehlungen und Wissen auf allen Ebenen miteinzubeziehen, kamen Jugendliche aus unterschiedlichen EU-Staaten und Begleitpersonen aus Verwaltung und Politik zu Wort.
Aus Österreich nahmen zwei Jugendliche des Betreuten Wohnens von B3-Netzwerk, Kärnten, Frau Patrizia Gaßler und Herr Florian Winkler, an der Konferenz in Brüssel teil. Sie reisten mit Begleitpersonen der Kärntner Landesregierung vom 13. bis zum 16. März nach Brüssel, um an der Konferenz teilzunehmen und um Einblicke in wichtige Einrichtungen und Institutionen, wie das Parlamentarium, das Europäische Parlament, das Verbindungsbüro des Landes Kärnten und die Ständige Vertretung Österreichs bei der Europäischen Union zu erhalten und Sehenswürdigkeiten zu erkunden.
Fragen an die Brüssel-Reisenden
Was ist euch von der Reise in besonders guter Erinnerung geblieben?
Patrizia Gaßler: In besonders guter Erinnerung ist mir die Konferenz „Invitation – Youth Care Platform“ geblieben. Das war für mich das Highlight der Reise, weil mir alle Leute zugehört und mir später auch sehr positive Rückmeldungen gegeben haben. Da bin ich ernst genommen und als Expertin angesehen worden. Die Altstadt an sich war sehr urig und ziemlich geil. In besonders guter Erinnerung habe ich das köstliche Essen. In Brüssel ist sehr viel auf Bio ausgerichtet, sodass es auch viele Fast-Food-Bio-Läden gibt im Gegensatz zu uns, wo es vor allem McDonalds oder anderer Fast-Food-Sachen gibt. Und vor allem die Begleitpersonen der Kärntner Landesregierung, wo wir sehr gut begleitet worden sind und sehr viel Spaß hatten. Ich habe mich ein wenig gefühlt, als wäre ich mit einer Familie auf Urlaub gefahren und das war sehr schön.
Florian Winkler: Besonders spannend fand ich die ganzen neuen Erfahrungen im neuen Umfeld, begonnen bei Personen, Gebäuden, Systemen und Informationen. Außerdem fand ich die Begleitpersonen von der Landesregierung Kärnten sehr sympathisch, ohne die die Reise bestimmt nicht so gut in Erinnerung geblieben wäre.
Wie war für euch die Teilnahme an der Konferenz?
Patrizia Gaßler: Ich war zuerst so aufgeregt, da ich in Englisch vor so vielen Leuten sprechen musste. Aber nach der Konferenz habe ich mir gedacht, ich will da noch einmal raus und noch weiter reden. Es war ein sehr wertschätzender und akzeptierender Umgang bei der Konferenz und ich habe keine Kritik für meine Ideen und Beiträge bekommen. Vielmehr war es sehr schön, dass einem zugehört wird und nach den Meinungen der Betroffenen, denen es ja etwas bringen soll, gefragt wird und diese wertschätzend akzeptierend angenommen wird. Es waren so viele Menschen aus verschiedenen Ländern anwesend, und man konnte jeden direkt in die Augen schauen. Sehr schön für mich war, dass die Leute in der Pause zu uns Jugendlichen gekommen sind und uns noch mehr Fragen gestellt und eine positive Rückmeldung für unsere Ideen gegeben haben. Vor allem aber das Sprechen in Englisch machte mir sehr viel Spaß, ich wurde als Expertin wahrgenommen. Die Konferenz war bestimmt das Highlight der Reise.
Florian Winkler: Zuerst wurden wir Jugendlichen begrüßt und dann hatten wir mit dem Moderator der Konferenz eine Stunde lang ein Briefing zu den Fragestellungen. Unsere Vorausarbeitungen waren nicht wirklich verwertbar, da wir erst bei diesem Briefing wirklich über die Ergebnisse des vorangegangenen Projekts informiert wurden. Zuerst haben wir uns die Antworten der italienischen Jugendlichen angehört, welche per Videomessage eingeschalten wurden, und danach haben wir sie besprochen und darüber diskutiert. Nach dem Briefing erfolgte im Konferenzsaal eine Vorstellungsrunde vor etwa 80 fremden Personen und die Beantwortung der Fragestellungen. Dabei haben wir sehr viel improvisiert. Für mich war die englische Sprache eine sehr große Hürde, aber Reinhard Kitz von der Landesregierung hat für mich gedolmetscht und das hat super funktioniert. Die anderen Jugendlichen aus Flandern, die auch anwesend waren, waren sehr nett und wir sind mit ihnen auch auf Facebook connected.
Was waren so Ergebnisse oder Inputs von Jugendlichen, oder von euch selbst, die noch in guter Erinnerungen von der Konferenz sind?
Patrizia Gaßler: Als besonderer Input nehme ich mit, dass es wichtig ist, dass man einen Plan für die Zukunft, zum Beispiel für ein Jahr, mit einer unterstützenden Person macht und von dieser auch begleitet wird. Ich finde es jedoch wichtig, dass diese unterstützende Person dann nicht strikt an der Festhaltung dieser Zielsetzung harrt, sondern auch Veränderungen der Zielsetzungen akzeptiert und mitbegleitet und mitunterstützt. Außerdem ist es wichtig, dass man sich selber liebt, denn erst dann ist alles schaffbar und man kann eine Betreuung erst dann annehmen oder eine Lehre beginnen.
Florian Winkler: Für mich war es spannend zu hören, dass Österreich in der Jugendhilfe eigentlich besser als viele andere europäische Länder dasteht. Dass für uns Jugendliche des Betreuten Wohnens die Kosten für die eigene Wohnung übernommen werden, war für die Beteiligten der Konferenz etwas Neues.
Ihr hattet auch ein schönes Rahmenprogramm. Unter anderem habt ihr das EU-Parlament besucht. Könnt ihr ein wenig davon erzählen?
Patrizia Gaßler: Der Besuch im Parlament hat mir sehr gut gefallen, vor allem deshalb, da ich das alleine bestimmt nie mehr sehen werde, da es zumeist nur in größeren Gruppen möglich ist, es zu besuchen. Die Führung im Parlament an sich war etwas schwach und langatmig, aber trotzdem war es atemberaubend, es einmal gesehen zu haben. Spannend fand ich, dass die Vertretung von Kärnten im Vergleich zu anderen Ländern eine sehr kleine Räumlichkeit besitzt und ich hab erst danach erfahren, dass das schon alles ist (lacht). Sehr interessant fand ich aber auch das Hintergrundgespräch in der Ständigen Vertretung Österreichs bei der Europäischen Union. Hier habe ich erst wirklich verstanden, dass ja nicht alles von Brüssel alleine bestimmt wird, wie das die Leute meistens sagen, sondern dass auch PolitikerInnen von uns dort sitzen und die bestimmen auch für uns mit.
Florian Winkler: Wir hatten von einem Praktikanten eine Führung durch das Parlament. In besonderer Erinnerung ist mir geblieben, dass die alles dort drinnen haben, von einem Friseursalon bis hin zu einer richtigen Geschäftsmeile. Es war aber auch überaus spannend den großen Saal zu sehen, wo Versammlungen stattfinden und Entscheidungen getroffen werden. Das Parlamentarium (Museum) war auch sehr interessant.
Was nehmt ihr von der Reise persönlich für euch mit?
Patrizia Gaßler: Es war das erste Mal, dass ich vor so vielen Fremden geredet habe. Das war eine spannende Erfahrung für mich. Zuerst war ich sehr nervös, aber es war gar nicht schlimm, vielmehr eine super Erfahrung, dass die Leute leise sind und mir zugehört haben und uns eine sehr positive Rückmeldung gegeben haben. Brüssel ist aber anders als hier in Kärnten, es gibt viel mehr Businessmenschen. Kärnten ist im Vergleich dazu ein wunderschönes Land, weil in Brüssel ist viel mehr Müll, die Gebäude müssten saniert werden, es gibt sehr viele Sandler und die Leute haben alle merkbar Stress. Sehr spannend fand ich aber, dass die Stadt fast nur aus Vertretungen anderer Länder eines Kontinents besteht.
Florian Winkler: Ich habe meine Englischkenntnisse verbessert und habe gelernt, auch mit wenigen Englischkenntnissen mich an die Situationen anzupassen. Sehr informativ war auch der Einblick in die Arbeit der Beamten und das aufgerüstete Heer in Brüssel. Fast überall stehen Soldaten und bewachen etwas, wodurch man sich sicherer fühlt. Brüssel ist ein kulturell vermischtes Land mit verschiedenen Sprachen, das fand ich spannend. Ich habe noch gelernt, dass ich ein guter Politiker wäre, da ich einen Blick wie Putin habe (lacht).
Wollt ihr noch etwas sagen?
Patrizia Gaßler: Ich möchte mich bedanken, dass die Reise ermöglicht worden ist und vor allem an die drei Begleitpersonen für den freundlichen und wertschätzenden und vor allem lustigen Umgang mit uns Jugendlichen. Es war eine schöne Erfahrung und Hr. Kitz hat mich oft zum Totlachen gebracht mit seinem Humor, war zudem auch eine tolle Begleitperson bei der Erkundung der Brüsseler Sehenswürdigkeiten, ohne dem wir uns vielleicht sogar verlaufen hätten.
Florian Winkler: Die Reise war eine wertvolle Erfahrung für mich. Ich bedanke mich bei den unfassbar sympathischen Begleitpersonen Abteilungsleiterin-Stv. Reg. Rätin Christine Gaschler-Andreasch, Frau Mag. Martina Hornböck und Herrn Reinhold Kitz.
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